Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 29.04.2003

Ein großer Tag für die Stadt Bamberg

Grundstein für die neue, die siebte Synagoge gelegt -  Ermutigendes Zeichen für Neubeginn

 

Die Grundsteinlegung und der damit verbundene Baubeginn für die neue Synagoge im Anwesen Willy-Lessing-Straße 7 am gestrigen Montag hat eine weit über den äußeren Anlass hinaus gehende Bedeutung:

Oberbürgermeister Herbert Lauer - und mit ihm die große Schar versammelter Festgäste - bewertete sie als ,,gutes und ermutigendes Zeichen für einen Neubeginn, zu einer Zukunft für jüdisches Leben in Stadt und Region".

von Gertrud Glössner-Möschk

 

Alle, die sich im Hof vor dem (noch) maroden Gebäude der ehemaligen Nähseidenfabrik Kupfer versammelt hatten, 

waren sich bewusst, einen ,,großen Tag für Bamberg“ mitzuerleben, wie der ehemalige OLG-Präsident Dr. Reinhard Böttcher im privaten Gespräch am Rande der Veranstaltung formulierte. Die unter freiem Himmel abgehaltene Feier wurde von dem erst jüngst gegründeten Chor der Israelitischen Kultusgemeinde mit ergreifenden, in hebräischer Sprache gesungenen Liedern gestaltet, wovon das Letzte mit der Bitte um Frieden den Festakt würdig abschloss: „Wir wollen Frieden/für alle Menschen hier auf Erden".

 

Nur kurz streifte Heinrich Olmer, Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde die dunkle Vergangenheit, denn er wollte diesen Tag auf die Zukunft ausgerichtet wissen. 65 Jahre nach der Reichpogromnacht könne man in Bamberg endlich wieder die Infrastruktur für die jüdische Kultur schaffen.

Olmer betonte, dass die Juden wieder an eine Zukunft in Deutschland glauben. Überall entstünden Synagogen, sogar neue Rabbiner-Seminare gebe es mittlerweile. Dies sei möglich, weil man heute auf ein „echtes Miteinander" hoffen könne.

Aus genau diesem Grund werde es in der umgebauten Nähseidenfabrik künftig nicht allein ein Gotteshaus und alle dazugehörigen rituellen Einrichtungen geben: Das Haus solle Ort der Begegnung für alle Völker und Rassen werden, außerdem ein Ort des Lernens und des Sich-Erinnerns. Das Tor der vierten, im Jahre 1853 erbauten und 1985 abgerissenen Synagoge werde in das neue Haus eingebaut. Von der großen Synagoge, die 1938 in Brand gesetzt wurde, sei leider nichts mehr erhalten. „So perfekt war das Vernichtungswerk".

 

Der in London lebende Dr. Herbert Loebl, der als Bamberger der Israelitischen Kultusgemeinde stark verbunden ist, zu diesem Anlass aber nicht kommen konnte, übermittelte Grußworte, die beim Festakt verlesen wurden. Nach dem ,,Ozean von Leiden", durch den das jüdische Volk in den Jahren 1938 bis 1945 gegangen sei, bedeute der Bau einer neuen Bamberger Synagoge einen besonderen Grund zu Freude und Genugtuung, so Loebl.

 

Architekt Jürgen Rebhan nutzte die sich anschließende Führung, seinem interessierten Publikum die künftigen Zweckbestimmungen des Hauses und die dafür erforderlichen Baumaßnahmen zu erläutern; Zuvor war er in seiner Rede vor den Festgästen auf die sechs Vorgängerbauten eingegangen. Schon im 12. Jahrhundert gab es am Pfahlplätzchen den ersten Judenhof mit einer Synagoge. Die Zweite wurde 1430 in der Hellerstraße gebaut. Um 1660 errichtete man die Dritte in der Generalsgasse. Sie wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gründlich umgebaut und erweitert, so dass sie als eigenständige, vierte Synagoge gilt.

 

1910 schließlich baute der Architekt Johann Kronfuß die prachtvolle Jugendstil-Synagoge an der Herzog-Max-Straße, die in der Reichpogromnacht im Auftrag der Nationalsozialisten in Brand gesteckt und deren Reste später - auf Kosten der jüdischen Gemeinde - abgebrochen werden mussten.

Die sechste Synagoge ist der gegenwärtige kleine Betsaal, der 1963 im Vorderhaus der Willy­Lessing-Straße 7 eingerichtet wurde.

Nun also baut man die im Jahre 1862 errichtete Nähseidenfabrik, deren ehemalige Besitzerin Leonie Kupfer sie der Kultusgemeinde vererbt hat, zur siebten Bamberger Synagoge um. Rebhan wünschte sich, dass die Mitglieder der Gemeinde darin ihre Heimat finden mögen.

 

Gemeinsam mit dem Rabbiner Chasan Rudolph erbaten die Dekane der Katholischen und der Evangelischen Kirche, Josef Eckert und Otfried Sperl, den Segen Gottes. Der Rabbiner betonte: ,,Wer ein Haus baut, der will bleiben". Die neue Synagoge und das Gemeindezentrum sieht er als ,,Chance eines fruchtreichen Dialogs mit anderen Religionen, der den Weg in eine hoffentlich bessere Zukunft weisen wird.

 

Das große Ereignis war nicht nur von zahlreichen Mitgliedern der heute 800 Köpfe zählenden Israelitischen Kultusgemeinde gefeiert worden, sondern auch von einem laut OB Lauer - ,,erheblichen Teil der Bamberger Prominenz". Schon im Herbst will man sich zum Richtfest treffen.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
04. Juni 2003


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