Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 24. bzw. 28. August 2002

Unermüdlicher Autor

 

Prof. Nogaller verfasst zwei neue Bücher

 

Er ist schon über 80 Jahre alt, aber er rastet weder noch rostet er. Der Internist Prof. Alexander Nogaller, der 1996 als Kontingentflüchtling in die Bundesrepublik gekommen ist und in Bamberg lebt, hat jüngst wieder zwei Bücher in russischer Sprache veröffentlicht.

Mit Bamberg verbunden

Darin kommt die enge Verbundenheit mit seiner Wahlheimat Bamberg zum Ausdruck. So hat er in einer kleinen Sammlung mit dem Titel "Aufsätze des Lebens und der Tätigkeit bekannter Ärzte" auch die Lebensgeschichten der Bamberger Ärzte Johann Schönlein (1793 bis 184 1) und August Wassermann (1866 bis 1938) aufgenommen. Nach Auskunft von Nogaller sind die Namen der beiden berühmten Mediziner auch in Russland sehr bekannt. 1000 Exemplare dieses Buches, das vor allem für Medizinstudenten gedacht ist, sind gedruckt worden.

Als weiteres Buch hat Nogaller seine Erinnerungen herausgegeben. Der Titel der in 300 Exemplaren gedruckten

Memoiren lautet: "Fragmente des 20. Jahrhunderts oder die Seiten eines Lebens". Allerdings muss man die russische Sprache beherrschen, um die Autobiografie lesen zu können.

Über Nogallers bewegtes Leben als Arzt, Wissenschaftler und Universitätsprofessor, der zahlreiche Lehrbücher für Medizinstudenten verfasste, hat der Fränkische Tag in seiner Serie "Die neuen Deutschen" im vergangenen Jahr berichtet.


18 Jahre lang an der Spitze der Berliner Charité

 

Das Leben des Bamberger Arztes Johann SchönIein - Aus einem Aufsatz von Prof. Alexander Nogaller

 

In seinem in russischer Sprache verfassten Buch "Aufsätze des Lebens und der Tätigkeit bekannter Ärzte" (wir haben berichtet) hat der seit sechs Jahren in Bamberg beheimatete, trotz seiner über 80 Jahre noch sehr aktive Internist Prof. Alexander Nogaller auch Leben und Werk des Bamberger Arztes Johann Schönlein gewürdigt.

Hier ein Auszug aus dem ins Deutsche übersetzten Aufsatz Nogallers: jeder Bamberger kennt einen zentralen Platz in der Stadt - den Schönleinsplatz. Aber nicht viele Leute beachten die Schönleinsbüste an der Ecke des Platzes. Wer war Schönlein und warum trägt ein bekannter Platz unserer Stadt seinen Namen?

Die Mediziner kennen ihn als berühmten deutschen Arzt, der als einer der ersten Krankheiten wissenschaftlich klassifizierte. Johann Lucas Schönlein wurde am 30. November 1793 in Bamberg geboren. An der Wand seines Geburtshauses, Obere Königstraße 7, hängt eine Gedenktafel. Sein Vater war Seilermeister, die Mutter Margaret war als kluge, energische, arbeitsame und fürsorgliche Frau bekannt. Schon als Kind hatte Johann Interesse an der Naturwissenschaft, sammelte Steine, Pflanzen und Insekten. Im Gymnasium wurde er für sein gutes Gedächtnis, Fleiß und gute Erfolge ausgezeichnet. 1811 trat er in die naturkundliche Fakultät der Universität Landshut ein, zwei Jahre später wechselte er an die medizinische Fakultät der Universität Würzburg.

Im März 1815 hat er die Uni verlassen und als Arzt in Kliniken in Bamberg, Erlangen und München gearbeitet. Schon 1816 hat er die Dissertation über Hirnmetamorphose in der Würzburger Uni verteidigt. Mit dieser und späteren Arbeiten wurden Grundlagen der Wissenschaften über die Parasitenkrankheiten des Menschen geschaffen.

Beliebter Lehrer

Schönlein arbeitete erst als Dozent, von 1823 an als Professor in Würzburg. Kurze Zeit später wurde er Direktor des berühmten Julius-Spitals, das unter seiner Leitung eine der besten Kliniken Deutschlands wurde. Die Studenten kamen gerne in die Würzburger Uni und Schönlein war ein beliebter Lehrer. Er war Dekan der medizinischen Fakultät und bekam das Diplom eines Ehrenbürgers der Stadt. Zur selben Zeit bekam er viele Feinde und Neider. Schönlein hatte liberale politische Ansichten, lehnte religiöse Dogmen ab und gehörte zur Gruppe der freidenkenden Universitäts-Professoren. Obwohl er die politischen Systeme seiner Zeit niemals öffentlich kritisierte, wurde er doch Opfer der reaktionären Politik und Intrigen seiner Feinde. Am 17. November 1832 wurde er von seinem Posten als Universitäts-Professor entlassen. Ein unangenehmer Zwischenfall ereignete sich in Frankfurt am Main, wohin Schönlein zur Konsultation seines langjährigen Patienten Baron Rothschild gereist war. Es kam der Verdacht auf, dass Schönlein aktiv am so genannten Fränkischen Putsch teilgenommen habe. Würzburg aberkannte ihm den Titel des Ehrenbürgers und forderte das Diplom zurück. Es schien, dass Schönleins Karriere mit 40 Jahren zu Ende war. Aber bei seinem glücklichen Schicksal hatte die Blütezeit seines Schaffens und Ruhmes erst begonnen.

Er wurde 1834 in die neu eröffnete medizinische Fakultät Zürich eingeladen, wo er sehr bekannt wurde. Unter seinen Patienten waren Könige und Fürsten, Napoleons Tochter, bekannte Politiker, Gelehrte und Künstler. Im Jahre 1840 bekam er das Angebot, Lehrstuhlleiter an der Berliner Universität zu werden. Er wurde Direktor des berühmten Krankenhauses Charité, wo er 18 Jahre lang arbeitet. Schönlein hat die Grundlagen der klinischen Denkweise und vieler Krankheiten, Gesundheitszustände und Syndromen beschrieben. Er war der erste, der in Deutschland Perkussion und Auskultation verwendete. Er benutzte für die Diagnostik auch Sonden, Katheter, Fingeruntersuchung und hat die Fachwörter Pinzette, Lanzette, Kornzange und Skalpell eingeführt. (Nogaller führt an dieser Stelle noch eine lange Liste weiterer medizinischer Leistungen Schönleins auf.)

1859, als Schönlein 65 Jahre alt wurde, ging er in Pension und zog zusammen mit seinen Töchtern in seine Heimatstadt Bamberg. Seine Frau war schon 1846 in Berlin an Typhus gestorben. In Bamberg sammelte Schönlein Bücher, Bilder, Gravuren, Medaillen und Münzen, Mineralien und Pflanzen. Er arbeitete gerne in seinem Garten, war in Literatur und Kunst bewandert. Er war auch ein gastfreundlicher Mensch, der interessante Gespräche und Spaß mit Gästen genießen konnte. Auch bewirtete er seine Gäste gerne mit gutem Wein und Essen. Seine Kollektionen hat er vor seinem Tod den Bamberger Bibliotheken Museen und Schulen geschenkt. Viel Geld spendete er für Schulen, Heime, für arme Witwen und Kinder. Zur Erinnerung an seinen in jungen Jahren tragisch ums Leben gekommenen Sohn Philipp stiftete er in Bamberg ein Internat.

Schönlein ist am 23. Januar 1864 gestorben, nach der Verschlimmerung seiner chronischen Bronchitis und eines Kropfleidens. Tausende von Menschen haben seinen Sarg mit Fackeln an einem kalten Wintertag bis zum Grab begleitet.

Zehn Jahre später, 1874, wurde ein zentraler Platz der Stadt nach ihm benannt und dort seine Büste aufgestellt. Das war ein großes Ereignis für Bamberg: Kaiser Wilhelm I. schickt aus diesem Anlass Telegramme an die Stadt und Schönleins Tochter. Diese betonten die großen Verdienste Schönleins um die Wissenschaft und um die Menschen.

Schönlein hat die große Schule der Kliniker und Pathologe geschaffen. Zu seinen Schüler zählte der bekannte Gelehrte Rudolf Virchow (1821 bis 1902). Virchow hat ihn seinen besten Lehrer genannt und Schönleins Methoden der Diagnostik und Behandlung als die Besten seiner Zeit."

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
03. September 2002


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