Quelle: Fränkicher Tag Bamberg, vom 28.10.2001

Synagoge
als Lernort

MEMMELSDORF. Als "authentischer Lernort über die Geschichte des fränkischen Landjudentums" und "Schule der Toleranz" soll die ehemalige Synagoge des Untermerzbacher Gemeindeteils künftig dienen. Das Konzept stellte der Vorsitzende des Träger- und Fördervereins, Hansfried Nickel, am Donnerstagabend im Rahmen einer Mitgliederversammlung vor. "Fränkisches Landjudentum als Heimatgeschichte" soll ab dem Frühjahr 2003 für Schulklassen erfahrbar werden. Ab Herbst 2002 seien erste Seminare in dem Projekt, dessen Umgestaltungskosten sich auf 1,4 Millionen Mark erhöhen, möglich. In Anlehnung an den burgenkundlichen Lehrpfad denken Nickel wie auch Landrat Rudolf Handwerker von Lichtenstein aus an einen Lehrpfad über jüdische Gemeinden in der Region.
RK

 

Wände zum Reden bringen

Konzept für einstige Memmelsdorfer Synagoge vorgestellt

MEMMELSDORF. Wenn Wände reden könnten... - in der einstigen Synagoge soll dies der Fall sein. Das didaktische Konzept des "authentischen Lernortes zur Geschichte des fränkischen Landjudentums" stellte Hansfried Nickel bei einer Mitgliederversammlung des Träger- und Fördervereins am Donnerstagabend vor.

von Ralf Kestel

Die laufende Renovierung habe zum Ziel, dass "Spuren erhalten bleiben". Vorsitzender Nickel: "Was im Verlauf der Geschichte entstanden ist, soll jetzt nicht vernichtet werden. Wir wollen keine Spuren verwischen." Künftige Besucher und Seminarteilnehmer sollen selbst auf eine Erkundungsreise über jüdische Geschichte und Lebensformen gehen, beispielsweise an den Mauern ablesen, durch "welche Zeiten diese Steine gegangen sind". Schon jetzt habe sich bei Besuchen von mehreren Gruppen gezeigt, wie wissbegierig Kinder seien.

Nickel sprach von einer "Muster-Renovierung" und einem "Stück Heimatgeschichte.

Für solche Vorgaben benötigt man filigrane Arbeiter. Nickel sprach von "Fachleuten, die mit den Wänden umgehen wie mit einem Gemälde". Aufwändige Arbeiten seien notwendig, um Fremdmaterialien vorsichtig zu entfernen. "Der Restaurator entfernt den Kalk mit dem Skalpell." Allein durch die Reinigung erkenne man wieder die Urfassung.

Solch kunstvolle Arbeit kostet natürlich Geld. Hansfried Nickel sprach von Mehrkosten in Höhe von 200000 DM. Die Gesamtsumme des Projektes steige somit von 1230000 auf 1430000 DM.

Da das Landesamt für Denkmalpflege zu dieser Nachfinanzierung wegen höherer denkmalpflegerischer Kosten geraten habe, werde der Großteil durch Sonderzuschüsse abgegolten, dem Verein bliebe ein Eigenanteil von 30000 DM.

"Deswegen sind wir weiterhin auf Spenden angewiesen. Auch setze ich darauf, dass unser Projekt bei anderen Stiftungen ankommt und uns Geld bringt," sagte Nickel vor dem Hintergrund des Kassenberichtes, der für 2000 ein Plus von 2000 DM in der Vereinskasse auswies, wie Kassenwartin Erika Pfeil vorgetragen hatte.

Das Gros der Kosten tragen ohnedies andere Institutionen. So der Entschädiungsfonds des Kultusministeriums, der Landkreis, die Landesstiftung, die Gemeinde Untermerzbach und die Sparkasse Ostunterfranken, die mit Manfred Döbereiner als Kassenprüfer vertreten war und dem Nickel herzlich dankte, weil er zusammen mit Mitteln aus der bayerischen Sparkassen-Stiftung für 130000 DM verantwortlich zeichnete.

Auch wenn im Rahmen der Sanierung und Umgestaltung Bauschäden behoben und spätere Umwidmungen ausgemerzt werden, wird dennoch keine "schöne, neue Synagoge" entstehen. Vielmehr will der Verein die Sprache der Ursprünglichkeit zu Worte kommen lassen. Die Vorstellung wie alles in "Glanz und Glorie" ausgesehen hat, vermittelt eine 3D-Animation, die die Universität Darmstadt entwickelt. Diese Universität hat sich bei 3D-Präsentationen auf Synagogen spezialisiert, wie Nickel anhand einer Computersimulation über die längst zerstörte Synagoge von Plauen vorführte. Diese Animation ist nun im neuen jüdischen Museum in Berlin zu sehen.

Diese neue elektronische Möglichkeit will Nickel in Zusammenarbeit mit der Uni Darmstadt auch in Memmelsdorf nutzen, um virtuell "das Original der schönen Synagoge zu zeigen, ohne Spuren zu verwischen".

Zum Zeitplan sagte Nickel, dass die Nebenräume im Anbau 2002 fertig sein sollen, erste Seminare seien im Herbst denkbar. Eine offizielle Einweihung sei für Frühjahr 2003 angedacht.

Dabei erwähnte er, dass sich die Mitglieder Gedanken machen sollen, wie man Shalom Hirschberg, einem der Mitbegründer der Partnerschaft des Landkreises Haßberge zu Kyriat Motzkin, ein Gedenken verschaffe.

Mit der Eröffnung könnte auch eine Ausstellung des Vereins für Begegnungen von Juden und Christen, die für Bayern derzeit konzipiert wird, einher gehen. Weiter geplant ist auch ein tri-nationales Camp des bayerischen Jugendringes mit Teilnehmern aus Polen, Israel und Bayern zum Thema Kunst.

Die Neuwahlen zur Vorstandschaft, die im vierjährigen Turnus bestätigen im wesentlichen die bisherige Führung: Erster Vorsitzender Hansfried Nickel, 2. Vorsitzender Herbert Becker, Schriftführer Dagobert Helmer, Kassenwartin Karin Ulrich (neu); Beisitzer: Landrat Rudolf Handwerker, Bürgermeister Walter Eichhorn und Gymnasiums-Chef Dr.Kilian Popp; Kassenprüfer: Michael Deutrich (neu) und Erika Pfeil (neu).

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
18. Dezember 2001


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