Quelle: Heinrichsblatt Bamberg vom 12.11.2001

Erinnerung mit Blick in die Zukunft

Burg Feuerstein: Gedenkveranstaltung zur Reichspogromnacht mit dem Zeitzeugen Yitzchak Zieman

Fasziniert vom Gespräch mit Yitzachak Zieman waren die Schüler der Klasse 10b des Gymnasiums Fränkische Schweiz. 

Foto: Kaulen

Der 9. November steht auf Burg Feuerstein jedes Jahr aufs neue im Zeichen der Erinnerung. Im Zeichen der „Gefährlichen Erinnerung", wie die Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der .Reichspogromnacht betitelt ist. Gefährliche Erinnerung deshalb, weil das Erinnern immer die Gefahr berge, sich damit auch die eigenen Schwächen und Fehler wieder ins Gedächtnis zu rufen, die man gerne verdrängen würde, erläuterte Ina Wölfel vom pädagogisch-theologischen Team des Jugendhauses Burg Feuerstein den Begriff aus der Moraltheologie.

Ein Wortgottesdienst, gemeinsam gestaltet von Vertretern des Jugendhauses Burg Feuerstein, der Katholischen Landvolkshochschule, der katholischen und der evangelischen Pfarrgemeinden von Ebermannstadt sowie von jüdischen Gästen eröffnete die Gedenkveranstaltung. Dass Erinnerung nicht in erster Linie schmerzlich sein muss, sondern auch Perspektiven für die Zukunft eröffnen kann, machte Gastredner Yitzchak Zieman in seinem Vortrag im Anschluss an den Gottesdienst deutlich.

VORURTEILE  ABBAUEN

Zieman, geboren 1920 in Lettland, stammt aus einer orthodoxen jüdischen Familie und überlebte als einziger seiner Verwandten den Holocaust, weil er in einem russischen Arbeitslager interniert war. Nach 1945 studierte er in Deutschland Psychologie. Heute lebt der 81-Jährige in New York. Seit 1998 hält er in ganz Deutschland Vorträge zum Thema Drittes Reich und Judentum. Sein Ziel dabei ist es, „Vorurteile abzubauen, dazu beizutragen, dass Menschen sich gegenseitig als Einzelpersonen wahrnehmen und dass sie lernen, Aggressionen zu verbalisieren, statt sie in Gewalttätigkeit auszuleben".

 

Denn, sagte Zieman auf Burg Feuerstein, er habe in seiner Jugend „so viel Antisemitismus erlebt", dass er „eine große Empfindlichkeit gegenüber Vorurteilen entwickelt" habe, „mit denen eine Volksgruppe pauschal verurteilt wird". Deshalb gebe es für ihn nicht „die Deutschen" oder „die Israelis" oder „die Palästinenser“.

Um zu verhindern, dass sich Verbrechen wie die der Nationalsozialisten wiederholten,, müsse man sich zwar an die Grauen des Dritten Reiches erinnern. „Doch das ist mir nicht genug", sagte Zieman. Man müsse aus der Erinnerung den Blick auf die Gegenwart und die Zukunft richten und die richtige Balance zwischen beiden Polen finden. Dazu gehöre vor allem, dass man sich mit den vielfältigen Wurzeln des Dritten Reiches beschäftige und sie verstehen lerne.

Diese Botschaft gab Zieman auch den Jugendlichen mit, mit denen er am Vormittag des 9. November auf Burg Feuerstein zusammentraf. Im Rahmen der Veranstaltungsreihe des Jugendhauses „Fragt uns - wir sind die Letzten" diskutierte die Klasse l0b des Gymnasiums Fränkische Schweiz Ebermannstadt mit dem Zeitzeugen Zieman. Diese Gelegenheit, Geschichte einmal anders zu erleben, fesselte die Jugendlichen. Zieman machte ihnen deutlich, was er auch den Zuhörern am Abend vermittelte: „Euch trifft keine Schuld für die Taten des Nationalsozialismus. Aber ihr seid mitverantwortlich für das worauf am Ende dieses Jahrhunderts zurückgeblickt werden kann."

 sti

Er möchte zur Völkerverständigung beitragen: Yitzchak Zieman beim Vortrag in der Krypta von Burg Feuerstein. 

Foto: sts

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
20. Mai 2002


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