Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 16.2.2001

Mahnmale wider das Vergessen

Wenn Steine sprechen: Auf dem Judenfriedhof in Walsdorf

Sprechende Steine? Einige kennen lebende Steine, eine sukkulente Pflanze, wir alle kennen Marilyn Monroe und ihre Feststellung: „Diamants are a girls best friend". Kieselsteine, Edelsteine, Muggelsteine - aber sprechende Steine?

Es gibt sie. Sie erzählen von Vergänglichkeit und Verfall, aber auch von Gedenken und Andenken. Von Verfolgung, Diskriminierung, Unterdrückung und Vernichtung. Vor den Toren Walsdorfs kann man sie besuchen.

Der erste urkundliche Nachweis für jüdisches Leben in Walsdorf datiert auf das Jahr 1609. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts siedelte die Herrschaft der Crailsheimer die Juden systematisch am Schafberg an. 1731 wird der Bau einer Synagoge und Schule genehmigt. 

1802 kamen ein Gemeindehaus und ein Tauche (Mikwe) dazu. In Walsdorf lebten in dieser Zeit 25 Haushalte mit etwa 115 jüdischen Personen, insgesamt gab es 147 Haushalte mit zusammen rund 650 Personen. Von den 1933 verbliebenen 23 Juden in dem Ort entkamen elf der Verfolgung durch Auswanderung, zwei konnten noch 1942 fliehen, sieben wurden am 25. April 1942 nach Izbica bei Lublin deportiert.

Der jüdische Friedhof blieb zurück. Die Anlage erscheint sehr romantisch, da man einen Grabkult wie im christlichen Friedhof nicht kennt. Der Besucher sieht ein ausgedehntes Feld von nach Osten gegen Jerusalem gewendeten Steinmalen, mehr oder weniger aufrecht, der Boden ist mit dichtem Laub überzogen. Auf den verwitterten, moosbedeckten Steinen finden sich gewöhnlich hebräische, manchmal aber auch lateinische Inschriften.

Zeichensprache

Verschiedenartigste Zeichen verweisen auf den einstigen Stand oder die Tätigkeit der Verstorbenen. Segnende Hände bedeuten, dass hier ein Cohen, ein Angehöriger des Priesterstandes begraben liegt. Die jüdische Gesellschaft besteht aus drei Schichten: An der Spitze stehen die Kohanim, der Priesterstand, die als die Nachkommen des Hohenpriesters Aron gelten. Dann kommen die Leviim, die Leviten, und anschließend die Israelim, die Israels, sozusagen die breite Masse des Volkes.

Die Grabsteine der Leviten zeigen eine Wasserkanne als Zeichen der Stammesangehörigen der Levi, die Wasser auf die Hände der Kohanim gossen, bevor diese das Volk segneten. Ein abgebildetes Widderhorn (Schofar) weist auf den Schofarbläser, der in der Synagoge mit dem Hörn zum Gottesdienst geblasen hat.

An der Westseite des Tahara-hauses befindet sich eine Inschrift, die das Gebet beinhaltet, das ein frommer Jude gewöhnlich spricht, wenn er den stillen Ort der Toten betritt. Im Innern befinden sich der Tahara-Waschstein und die ehemalige Brunnen- und Kesselanlage. Daneben ein Raum, der als Übernachtungsmöglichkeit für weit angereiste Verwandte diente. Die prachtvolle Eiche in der Mitte des alten Friedhofbereichs spricht für eine Gründung im 13. Jahrhundert. Der älteste identifizierte Grabstein datiert auf das Jahr 1701.

Heute sprechen die Steine zu uns und ermahnen uns dazu beizutragen, dass man trotz aller Gegensätze friedlich und mit gegenseitigem Verständnis zusammenleben kann. Wir, die Klasse 10 Hw der Berufsschule Mariahilf, wünschen uns, dass die Botschaft der Steine Gehör findet und jeder Einzelne seinen Beitrag zu einem friedlichen Zusammenleben leistet.

Kl. 10 Hw, Berufsfachschule Maria Hilf

 

 

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
31. März 2001


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