Quelle: Fränkischer Tag Bamberg, vom 18.5.2001

Christen und Juden zu Tränen bewegt

Vertreter aus der Region nahmen an Bußkonferenz in Jerusalem teil - Kranz niedergelegt

HÖCHSTADT/JERUSALEM. Ingrid Cammarano und Erika Beck, zwei Höchstadterinnen, sind kürzlich aus Jerusalem zurückgekehrt. Von 17. bis 22. April fand dort die Bußkonferenz "Pflüget ein Neues - veränderte Zukunft durch bewältigte Vergangenheit" statt. Die beiden können bezeugen, dass die Ereignisse dieser Woche nicht spurlos vorüber gegangen sind.

Angesichts der langen jüdischen Geschichte, auch in unserer Region, waren sowohl Vertreter von katholischen und evangelischen Kirchengemeinden, zum Beispiel aus Hof und Nürnberg, als auch Kommunalpolitiker wie aus Würzburg und Burghaslach und die Oberbürgermeister von Fürth, Kitzingen, Aschaffenburg, Regensburg und Ingolstadt in Jerusalem erschienen.

Fürst Castell-Castell, Burghaslach, hatte sich diesbezüglich an die Kommunen und Kirchen gewandt und diese Bußkonferenz mit vorbereitet. Neben den genannten nahmen auch viele engagierte Christen teil.

Ein Höhepunkt war der Bußgottesdienst, wo am Yom- ha-Shoa-Holocaust-Gedenktag über 1000 Menschen, nicht nur aus Deutschland, sondern aus weiteren 22 Ländern, mit bewegten Herzen im Kibbutz Ramat Rachel in Jerusalem, die Schuld von zweitausend Jahren christlichen Antisemitismus vor dem jüdischen Volk bekannten und vor Gott bereuten.

Gottesdienst

Der zwei Stunden dauernde Gottesdienst, der Bibellesungen, Choräle, Ansprachen, historische Berichte, Instrumentalmusik und ein 256 Worte langes Bußbekenntnis umfasste, bewegte viele Christen und Juden, die anwesend waren, zu Tränen. Unter anderem wurden in den Berichten die Kreuzfahrer genannt, die in Jerusalemer Synagogen Juden verbrannten, die Verfolgung der Juden während der Zeit der Pestepidemie, das Einsperren der Juden in Ghettos und die Verordnung, kennzeichnende Markierungen zu tragen, Vorläufer des gelben Davidsternes - welches dann gipfelte im Holocaust. Es wurde von Progromen gesprochen und von Vorurteilen bedingt durch Theologie und christliche Lehre.

Zu Beginn jedes dieser Abschnitte sagte die anwesende Menge laut: "Wir beklagen..." und endete mit "Herr, erbarme Dich und vergib uns unsere Schuld an Deinem auserwählten Volk Israel".

Aus der Bibel

Die biblischen Passagen wurden von acht Kirchenvertretern gelesen: einem freikirchlichen Geistlichen aus Australien, einem lutherischen Geistlichen aus Südafrika, dem lutherischen Propst von Jerusalem, einem lutherischen Propst aus Estland, einem holländisch- reformierten Geistlichen aus den Niederlanden, einem anglikanischen Dekan aus Kanada und zwei lutherischen Geistlichen aus Deutschland.

Am Ende wurden Mappen mit Unterschriftenlisten übergeben, worin sich über 32000 Unterschriften befanden, die bezeugten, dass die Unterzeichneten alles tun wollten, um gegen Antisemitismus und in christlicher Verantwortung zu Israel zu stehen.

Zeit zur Bekennung

In der Holocaust-Gedenkstätte "Yad va Shem" fand am 20. April eine Zermonie statt. An diesem Ort der Dokumentation des Grauens war es eine Zeit zu reflektieren, zu bekennen, und in das rechte Verhältnis mit Gott und Israel zu kommen, um eine neue Seite in der christlichen Geschichte zu schreiben. Unter der Leitung von Fürst Castell-Castell nahmen über 70 Vertreter von politischen und kirchlichen Gemeinden aus ganz Deutschland, in denen jüdische Gemeinden beheimatet waren, zusammen mit den übrigen deutschen Teilnehmern, teil.

Nach einer Kranzniederlegung in der Halle des Gedenkens, ging es zum "Tal der verlorenen Gemeinden", in denen Orte wie Adelsdorf, Uehlfeld, Burghaslach, Hirschaid, Fürth, Nürnberg u.a. in Stein eingemeißelt sind. In Anwesenheit des Jerusalemer Bürgermeisters Ehud Olmert und des Leiters der Gedenkstätte, Professor Weiß, verlas Fürst Castell- Castell eine Erklärung und übergab je ein großes unterzeichnetes Exemplar.

Mit klagenden Musikstücken wurden die anschließenden Botschaften, die vorgetragen wurden, immer wieder untermalt. In drei Mappen wurden nicht vorgetragene Botschaften ebenfalls weitergegeben.

"Warmes Willkommen"

Persönliche Begegnungen konnten mit Nathan Merel und Yacov Lehmann, die beide in Jerusalem wohnen und deren Familien aus Hirschaid und Burghaslach kamen, wahrgenommen werden. Es gab für die beiden Frauen aus Höchstadt ein warmes Willkommen und Y. Lehmann freute sich besonders über die Fotografien des Grabes seiner Großeltern im Judenfriedhof von Aschbach, welches sie mitgebracht hatten. Weitere Dokumentation zu den Judenfriedhöfen im Buch "Mesusa 3", das in Kürze erscheint.

 

 

Diese Seite wurde zuletzt bearbeitet am
24. Mai 2001


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