Die Anlage der Hain- und Schützenstraße bis 1878

Als auslösende Faktoren für den Baubeginn eines neuen Stadtteils in Bamberg, während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelten der sprunghafte Anstieg der Bevölkerungszahlen wie auch diverse Industrialisierungsansätze. Als Beispiel hierfür können der Bau und Betrieb der mechanischen Baumwollspinnereien und -webereien, die Großbauten der Mälzerei- und Brauereiindustrie der 80er-Jahre gelten, die ebenfalls neue Akzente im Stadtbild setzten. Des Weiteren verbesserte sich die Infrastruktur hinsichtlich der Verkehrsverbindung. Diese wurde durch den Bau des Ludwig-Donau-Main-Kanals[6], 1836 bis 1845, als auch mit dem Anschluss Bambergs an die Ludwig-Süd-Nord-Bahn verwirklicht. Letztere forderte Eingriffe in das Stadtbild, wie zum Beispiel einen weiteren Regnitzübergang, um den Bahnhof mit der Stadt zu verbinden[7]. Diese städtebaulichen Veränderungen waren alle in ein Stadterweiterungskonzept des damaligen Stadtbaurates Karl Georg Lang eingebettet. Allerdings scheint dieses nur eine planerische Ebene, nicht jedoch die volle Ausführung erfahren zu haben. Als ein Vorbild  dafür wird immer wieder München genannt und hier insbesondere die städtebauliche Linie München Stadt zur Maxvorstadt und zum Gartenplatzviertel hin.

Ebenso wie für die oben genannten Baumaßnahmen und die gesamte Stadterweiterung in dieser Zeit, gab es für die Achse Hain- Schützenstraße eine, auf Generallinienpläne basierende Bauordnung, die aber lediglich den Verlauf und die Form von Straßen und Plätzen festlegte. Trotz dieser Bauordnung entstand das Hainviertel anhand von Einzelplänen, die von privaten Unternehmen vorgelegt und von der Stadtgemeinde und der Landesregierung meist problemlos bewilligt wurden. 1871 ließ der Stadtmagistrat von Bamberg sogar eine schrittweise Bebauung zu und beabsichtigte, das Ganze am Schluss mit Straßen einzufassen, um ein "abgerundetes Ganzes" herbeizuführen (Eidloth S. 40).

Am 4. Juli 1862 reichten die jüdischen Kaufleute Emanuel Dessauer und Nathan Rosenwald die ersten Baugesuche ein. Sie wollten auf dem bereits erworbenen "Dangelgarten" zwei Villen mit Hopfendarren errichten. (Siehe auch "In Dangels Garten") Hiermit waren die ersten wichtigen Anhaltspunkte für die weitere Bebauung geschaffen. Im Jahr 1868 wurde der ehemalige Schießhausgarten verkauft und ebenfalls in Bauplätze umgewandelt. Obwohl die Entstehung des neuen Wohngebietes als eher sukzessive zu bezeichnen ist, finden sich in seinen Grundrissen typische spätklassizistische Züge. Die Gestaltung der Bauplätze und Straßen folgt einer geometrisch regelmäßigen Aufteilung und es ist das Bemühen um möglichst geradlinige und parallele Fluchtlinien zu erkennen. Dieser Grundriss ist demnach ganz dem absolutistischen Städtebau des 18. Jahrhunderts verpflichtet, mit dem einen Unterschied, dass die hierfür typischen Punkte, welche die Längsprofile markieren, fehlen.

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[6]  Die städtebauliche Einbindung des Kanals blieb jedoch in den Anfängen stecken – Eidloth (1988) S. 39

[7]  Eidloth (1988) S. 39